Selbstanzeige und Nacherklärung


Seit der Grundsatzentscheidung des BGH vom 20.05.2010 (1 StR 577/09) und der seit  dem 01.01.2015 noch zusätzlich verschärften Gesetzeslage ist es schwieriger geworden, steuerliche Nacherklärungen abzugeben, die strafbefreiend wirken. Wer sich zu einer Selbstanzeige entschließt, muss „reinen Tisch“ machen. Fehler führen bei Entdeckung zum Verlust der Straffreiheit.  Eine Nachbesserung ist hinterher nicht mehr möglich. Wenngleich auch die missglückte oder im Bewusstsein der Unvollständigkeit oder Verspätung abgegebene Selbstanzeige strafmildernd wirkt.

Die Nacherklärung muss vollständig und fehlerfrei sein

Eine wirksame Selbstanzeige setzt die vollständige Offenlegung aller strafrechtlich noch nicht verjährten (regelmäßig die letzten zehn Kalenderjahre) Hinterziehungen einer Steuerart voraus. Der BGH toleriert maximal fünf Prozent Abweichung vom Verkürzungsbetrag. Stellen sich später höhere Abweichungen heraus, führen diese zwangsläufig zur Strafbarkeit. Es ist dabei vollkommen unerheblich, ob bei der Nacherklärung wissentlich oder unwissentlich Fehler unterlaufen sind.

Die Nacherklärung ist daher sorgfältig auf Vollständigkeit zu prüfen. Im Fall nachzuerklärender Kapitaleinkünfte ist darauf zu achten, dass alle Konten berücksichtigt werden. Keine steuerpflichtige Einnahme, wie z.B. Mieteinnahmen, Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften, geldwerte Vorteile etc., darf vergessen werden. Auch an möglicherweise zu Unrecht bezogenes Kindergeld oder die “schwarz” beschäftigte Putzfrau ist zu denken. Besonders problematisch ist die Beteiligung an einer Erbengemeinschaft oder an einer Personengesellschaft etwa als Komplementär, Kommanditist oder auch als atypisch stiller Beteiligter.

Die Selbstanzeige muss rechtzeitig erfolgen

Eine wirksame Selbstanzeige muss ferner rechtzeitig sein. Nach neuer Rechtslage ist es schon nach der Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung oder Erscheinen eines Amtsträgers zur steuerlichen Prüfung zu spät. Nach einer Tatentdeckung (auch durch eine unvollständige Selbstanzeige) ist eine Strafbefreiung ebenfalls ausgeschlossen.

Eine Selbstanzeige hat auch keine strafbefreiende Wirkung mehr, wenn die verkürzte Steuer oder der erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von € 25.000 je Tat übersteigt. In einem solchen Fall wird allerdings von der Strafverfolgung abgesehen, wenn der Täter die hinterzogenen Steuern entrichtet und einen Zuschlag zugunsten der Staatskasse zahlt. Die Zuschläge sind mit Schwellen bei € 100.000 und € 1.000.000 von 10 über 15 bis 20 Prozent gestaffelt.

Wenn das verfügbare Vermögen nicht zur vollständigen Tilgung der noch strafbewehrten Veranlagungszeiträume ausreicht, ist darauf zu achten, dass zumindest so viele Veranlagungszeiträume wie möglich vollständig bezahlt werden und für den ausstehenden Teil möglichst wenig Hinterziehungszinsen anfallen.

Wenn die Selbstanzeige schiefgeht, führt dies in die Strafbarkeit und in die persönliche Haftung für die hinterzogenen Steuern. Besonders unangenehm ist das für Tatbeteiligte, die aus der Steuerverkürzung keinen direkten Vorteil hatten, wie z.B. Steuerberater, wenn gegen diese ein Beihilfevorwurf erhoben wird.

Zunehmendes Entdeckungsrisiko durch mehr Kontrollen

Die hohe Kontrolldichte bewirkt ein stetig steigendes Entdeckungsrisiko. Das spricht insbesondere angesichts der vom BGH erheblich erhöhten Strafandrohungen zunächst für die Abgabe einer Selbstanzeige. Ab einem Verkürzungsbetrag in Höhe von € 100.000 hält der BGH bis auf besondere Ausnahmefälle nur noch Freiheitsstrafen für angemessen, die ab einem Hinterziehungsbetrag in Millionenhöhe im Normalfall auch nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden können. Auch eine missglückte Selbstanzeige entfaltet erhebliche strafmildernde Wirkung und kann sogar zu einer ansonsten nicht mehr möglichen Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer Geldauflage führen.

Mögliche Nebeneffekte einer Selbstanzeige

Allerdings ist auch daran zu denken, dass andere durch eine Selbstanzeige entdeckte Straftaten, wie z. B. Urkundenfälschungen nicht durch eine Selbstanzeige geschützt werden und zu einer gesonderten Strafverfolgung führen können. Sind Beamte an einer Steuerhinterziehung (z.B. Erbengemeinschaftsfälle) beteiligt, ist zudem an die disziplinarrechtlichen Folgen zu denken. Entsprechendes gilt für andere Berufsgruppen, wie z.B. Ärzte, Rechtsanwälte oder Steuerberater.

Im Fall unentdeckter Steuerverkürzungen besteht also gesteigerter Handlungs- und Beratungsbedarf.

Sofern es bei der aktuellen Rechtslage möglich ist, führen wir Sie als erfahrene Fachanwälte für Steuerrecht und Strafrecht sicher durch das gesamte Verfahren, von der Beratung bis zur wirksamen Selbstanzeige.

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